Kultur und Geschichte in Wangen - Aus der Geschichte der Stadt Wangen im Allgäu

Wie die Bürger von Wangen vor einem gefährlichen Überfall bewahrt wurden

Ein Gemälde auf einem Haus in der Herrenstraße, Wangens Prachtstraße, erzählt von einem versuchten nächtlichen Überfall auf die Bürger der Stadt durch Truchsess Hans von Waldburg, der mit 500 Kriegern in die Schmiedstraße eingedrungen war, um die Bürger der Stadt im Schlaf  zu überfallen und zu bestrafen. Man schrieb den 31. Juli des Jahres 1389.

Doch dieser Überfall hatte eine Vorgeschichte.
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Überfall auf Wangen
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Vom wachsenden Reichtum der Städte und der beginnenden Verarmung des Adels und des Rittertums

Im Mittelalter waren die Städte rund um den Bodensee und im Allgäu reich geworden. Dies zeigte sich am Lebensstil der Kaufleute und an ihren aufwändigen Bauwerken. Die Kaufmannsfamilie der Hinderofen stand beispielshaft für die zunehmende Bedeutung der Stadtbewohner, die als emsige und klug handelnde Kaufleute ihren Reichtum vermehren konnten.
Der Adel auf dem Lande verarmte immer mehr und die Ritter wurden für die Kriegsführung nicht mehr gebraucht. Sie lebten nur noch von den Geldzahlungen der Bauern. Die Städte am Bodensee und im Allgäu waren inzwischen Reichsstädte geworden und hatten nur noch dem Kaiser zu gehorchen, aber nicht mehr den Fürsten und Rittern.

Zusammenschluss der Freien Reichsstädte

Die Reichsstädte Konstanz, Überlingen, St. Gallen, Lindau, Ravensburg, Friedrichshafen und Wangen schlossen sich „im Bund der Bodenseestädte“ zusammen – sehr zum Ärger der Adeligen - , um sich gemeinsam gegen Adel, Fürsten und Ritter verteidigen zu können. Die Adeligen marschierten unter der Führung des Herzogs Stephan von Bayern und Graf Eberhard von Württemberg in Richtung Bodensee. Ihr einzunehmendes Ziel war jedoch Ravensburg. Der Truchsess von Waldburg sollte zur gleichen Zeit Wangen zur nächtliche Stunde überfallen und außer Gefecht setzen. Somit wären beide Städte bestraft und ihre Einwohner gedemütigt worden.
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Mißglückter Überfall auf Wangen

Es war der 31. Juli 1389 . Mit schweren Geschützen schlug der Truchsess Hans von Waldburg mit seinen 500 Kriegern und Rittern gegen die nächtlich geschlossene hölzerne Tür des St-Peters -Tor ( Leutkircher Tor) , durch das sie durch die Schmiedstraße in die Stadt eindringen konnten. Zuvor hatten sie sich leise an die Ort des Geschehens angeschlichen. Doch dort erwartete die Eindringliche eine sehr unangenehme Überraschung. Die Schmiedstraße hatte ihren Namen von den dort lebenden Schmieden. Mit ihren schweren eisernen Schmiedehämmern, ihren Gabeln und Äxten droschen sie auf die verdutzten Eindringlinge ein, zogen und stießen sie von ihren Pferden, töteten und verwundeten viele von ihnen. Die Ritter lagen mit ihren schweren Rüstungen blutüberströmt in der engen Schmiedstraße. Dem Truchsess erging es fürchterlich. Ihm wurde beim Kampf ein „Bein abgeworfen“. Panikartig flohen jene Ritter, die sich noch bewegen konnten, zur Burg Leupolz, noch das laute Gejohle der ihnen folgenden Schmiede im Ohr. Schwerverwundet floh auch Hans Truchsess von Waldburg auf die nahe Burg Leupolz , wo ihm und seinen noch wenigen Getreuen Heinrich Vogt von Summerau Unterkunft gewährte.
Tor
Das St.-Peters-Tor (Leutkircher Tor)
nach der Stadtansicht von  J. Andreas Rauch 1611, abgebrochen anfangs des 19. Jahrhunderts
Die kämpfenden Schmiede treiben die Ritter erfolgreich in die  Flucht:
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Belagerung der Burg Leupolz

Die Seestädte belagerten mit ihren Mannen die Burg Leupolz. Der Truchsess musste sich ergeben und wurde als Gefangener nach Lindau gebracht. Die Burg Leupolz wurde zerstört. Im Jahre 1390 schloss Truchsess Hans von Waldburg Frieden mit den Städten und kam frei.  Im Jahre 1403 schloss er mit den Städten rund um den Bodensee ein Schutzbündnis.

Schlussbemerkung: Noch ist nicht ganz geklärt, wie die Schmiede rechtzeitig vom nächtlichen Überfall erfahren haben. Eine Legende berichtet, dass eine alte Frau die Ritter bei der Vorbereitung ihrer Tat zufällig belauscht  und einen Boten nach Wangen geschickt habe. Auch der Turmwächter der Leupolzer Burg, ein ehemaliger Wangener, soll bei der Verfolgung der Ritter seine Hand im Spiel gehabt  und ihre Fluchtwege verraten haben.
Leupolz
Burg Leupolz  1617
Rechts oben das Wappen der Vögte von Summerau

Quellen:

  • „Wangen im Allgäu“ Geschichtlicher Überblick , Dr. A. Scheuerle
  •                 
  • Chroniken-Verlag 1974 
  •              
  • „Wangen im Allgäu – Das Werden und Wachsen der Stadt -  von  Albert Scheuerle . J.Walchner KG  1975-1990
  •               
  • „Meine Heimat Wangen im Allgäu „ Holzer KG, Weiler 1992     
  • Eigene Kenntisse und Informationen aus den verschiedenen Veröffentlichungen aus der Geschichte der Stadt.              

    Die beiden historischen Fotos ( St.-Peters-Tor und Burg Leupolz)  wurden ebenfalls daraus entnommen.