Kultur und Geschichte in Wangen - Letzte Hinrichtung

Justinus Kinzelmann, Raubmörder und letztes Hinrichtungsopfer mit dem Schwert in Wangen

Justinus Kinzelmann war der letzte Raubmörder, der in Wangen öffentlich durch das Schwert hingerichtet worden war. Man schrieb den 27. Januar 1842. Der Gefangene verbrachte die letzte Nacht vor seiner Hinrichtung im Gefängnis im Ratloch. (Rathausturm).

Noch heute kann der Besucher diesen Raum in Augenschein nehmen. Er enthält den Stuhl, auf dem Justinus Kinzelmann hingerichtet worden ist, den Holzknüppel mit dem der Täter seinen Raubmord verübt hat und den gebrochenen Stab, der an der Rückenlehne des Stuhles befestigt ist und der das endgültige Todesurteil bedeutet hat.
An diesem Tag war schulfrei. Jedes Schulkind sollte zur Abschreckung an diesem bedeutenden Ereignis zwischen Galgenbühl und der heutigen Berger Höhe teilnehmen können. Auch die städtischen Bediensteten, der Gemeinderat, die Bürgerwehr und die gesamte Bevölkerung wohnten der Hinrichtung bei. Stadtpfarrer und Dekan Straubenmüller aus Wangen gab dem Raubmörder, für dessen Hinrichtung eigens ein Holzgerüst gefertigt worden war, das letzte Geleit. Übrigens soll Justinus Kinzelmann seine Tat öffentlich bereut und die anwesenden Jugendlichen vor gleichem Tun eindringlich gewarnt haben.
Der gelernte Zimmermann soll, als er bereits tot war, für diese Haltung vom begleitenden Geistlichen, der ihm zuvor Kreuz und Rosenkranz überreicht hatte, eigens gelobt worden sein. Der Oberamtsrichter hatte Justinus Kinzelmann zum Tode durch Enthauptung mit dem Schwert verurteilt.
Im Heimatbuch von Wangen wird berichtet , dass der Oberamtsrichter einen schwarzen Stab aus dem Mantel zog, sich hinter Justinus aufgestellt habe, den Stab über dem erst 26 jährigen Todgeweihten zerbrochen und gerufen habe:

"Eurer Leben ist verwirkt! Scharfrichter, waltet Eures Amtes!"

Stuhl
Gefängnis mit Tatwerkzeug an der Wand, in der Ecke der Stuhl mit dem gebrochenem Stab, auf dem Justinus Kinzelmann hingerichtet worden ist.
Noch eine Bemerkung am Rande: Der Beruf des Scharfrichters galt als unehrenhaft. Niemand wollte etwas mit ihm oder dessen Familie zu tun haben. Meist kam er von auswärts und verschwand nach vollbrachter Tat und nach erhaltenem Lohn wieder.

Doch was hatte unser Todeskandidat Justinus Kinzelmann eigentlich verbrochen? Der gelernte "Zimmergeselle" stammte aus Pfärrich. Heute ist dieses Geschlecht in Pfärrich ausgestorben, da der letzte Träger dieses Namens im Jahre 1853 verstorben ist. Justinus wurde 1816 als Sohn des Schreiners und Mesners Josef Kinzelmann geboren, wie aus der Pfärricher Pfarrchronik hervorgeht.

Also: Am 31. Juli 1841 fuhr Kinzelmann auf einem Dampfboot vom Schweizer Ufer nach Lindau, um nach Hause zu gehen. Im "Roten Kreuz" vor Lindau traf er den Fuhrknecht Josef Anton Pfleghaar. Er hatte für seinen Dienstherrn in Lindau Bretter verkauft und dafür 219 Gulden erhalten. Der Fuhrknecht, der aus Oflings bei Deuchelried stammte, zeigte Justinus voller Stolz seinen Geldgurt mit den erhaltenen Gulden.
Er lud seinen späteren Mörder ein, mit seinem Fuhrwerk mit nach Wangen zu fahren. Der Gedanke, in den Besitz des Geldes zu kommen, sei ihm nicht mehr aus dem Kopf gegangen, berichtet Kinzelmann später in seinem Geständnis.

Tür
Die Tür zum Gefängnis

Im Hasenwald, bei Gasthaus "Schwarzer Hasen" hat Kinzelmann, der zuvor unter einem Vorwand vom Fuhrwerk abgestiegen war und im Gehölz auf Pfleghaar gewartet hatte, den Fuhrknecht von hinten mit einem Holzprügel einen so schweren Schlag auf den Kopf gegeben, dass dieser vom Wagen gefallen war. Es folgten weitere schwere Schläge auf den Kopf des am Boden Liegenden. Dessen Schädel soll von der Wucht der Schläge in 43 Teile zersplittert sein. Er starb nach wenigen Stunden im Alter von 45 Jahren.

Der Rest ist kurz erzählt: Der Verdacht fiel rasch auf Justinus Kinzelmann, den Zeugen auf dem Fuhrwerk neben dem später Getöteten gesehen hatten. Sägewerksbesitzer Max Hackspiel machte sich am 3. August auf, um den Verdächtigen in dessen Arbeitsstelle in Schweiz ( Kanton Thurgau) aufzusuchen und festzunehmen. Kinzelmann leistete keinen Widerstand. Er ließ sich von Max Hackspiel über die nahe badische Grenze führen und gestand auch den Mord.

Vor seiner Flucht übernachtete er in Büchel ( heute Amtzell) und bestahl noch den Wirt, bei dem er genächtigt hatte. Danach wurde er im Gasthaus "Zur Gams" in Lindau gesehen. Der Raubmörder wurde dann zum "Königlichen Oberamtsgericht" nach Wangen überführt, wo er bald darauf verhört und gestanden hatte.

Weiter heißt es in der Chronik: "Seine Königliche Majestät habe wegen der Schwere des begangenen Verbrechens das Urteil bestätigt und keine Gnade walten lassen".

Quellennachweis: Zeitungsbericht vom 01. 08. 1992 ( Autor Martin Fimpel) Weitere Zeitungsberichte aus dem Jahre 1992, Buch: Meine Heimat Wangen im Allgäu S. 97 bis S.99 sowie aus Erzählungen Wangener Stadtführer.